In der heutigen Haushaltsdebatte des Landtages sagte der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Andreas Schmidt: „Die SPD-Fraktion wird in den Haushaltsberatungen dafür stehen, dass wir nach den Haushaltsberatungen zu allen zentralen Forderungen des Koalitionsvertrages sagen können: Jawohl, wir sind auf dem Weg, wir halten, was wir versprochen haben. Dass wir an einigen Stellen in den Haushaltsberatungen das Ruder werden nachstellen müssen, versteht sich von selbst und bedürfte hier eigentlich keiner Erwähnung.“ Schmidt erinnerte an das nach Peter Struck, dem früheren Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion benannte „Strucksche Gesetz“: „Kein Gesetz kommt aus dem Parlament so heraus, wie es eingebracht worden ist.“
Die Rede im Wortlaut:
Viele Menschen im Land haben sich im April 2016 gefragt, ob die schwarz-rot-grüne Koalition in Sachsen-Anhalt mehr zustande bringen würde, als den kleinsten gemeinsamen Nenner auszuzählen. Schon der Koalitionsvertrag hat gezeigt, dass diese Koalition in der Lage ist, nicht wenige große, viele kleinere und einige wirklich mutige Schritte in eine gute Zukunft für unser Land zu vereinbaren.
Dass die veröffentlichte Meinung und Teile der Opposition seit den Wochen im Frühjahr nicht müde werden, im Ganzen und an vielen einzelnen Stellen zu fordern, dass der Vertrag auch umgesetzt wird, zeigt, dass wir uns über richtige und wichtige Schritte verständigt haben.
Seitdem haben wir begonnen zu liefern. Schnell, umfassend und früher als in jeder anderen Koalition. Aufstockung des kommunalen Finanzausgleichs von 80 Millionen Euro, ein fairer Zuschuss zur Kinderbetreuung und Kinderförderung sowie die Festlegung eines KiFöG für die Jahre 2016 bis 2018, das zu einer Entlastung von Eltern und Kommunen beiträgt (auch wenn diese zum Teil nur durch die Vermeidung von akut drohenden Erhöhungen der Elternbeiträge erfolgten), verfassungsgemäße Beamtenbesoldung mit einem Umfang von 25 Millionen Euro, Weihnachtsgeld für Beamtinnen und Beamte – das bereits im Haushalt eingepreist ist und von dem ich mir gewünscht hätte, dass wir es gleich mit dem Haushaltsbegleitgesetz in Beton gießen würden, wenn es doch bereits haushälterisch veranschlagt worden ist – und nicht zuletzt die Verstärkung der Polizei durch ein Wachpolizeigesetz sind die Stichworte. Das sind Tatsachen, die zeigen, dass es diese Koalition ernst meint mit ihren Zielen und auch alle darüber hinaus vereinbarten Vorhaben umsetzen werden.
Mit dem heute durch die Landesregierung vorgelegten Haushaltsplan wird all das auf eine finanzielle Grundlage für die beiden kommenden Jahre gestellt, und es werden weitere Vorhaben des Koalitionsvertrages auf den Weg gebracht. 11,23 Milliarden Euro sollen im Jahr 2017 ausgegeben. Genauer gesagt:
11.230.383.800 Euro.
2018 sollen es
11.352.914.700 Euro
sein. So hohe Nominalbeträge hat der Landeshaushalt noch nie vorgesehen.
Das Land wird in den Jahren 2017 und 2018 den Kommunen über den Finanzausgleich 183 Millionen Euro mehr als für 2016 ursprünglich vorgesehen für ihre laufenden Aufgaben zur Verfügung stellen. Das sind 240 Millionen Euro mehr als in der noch gültigen mittelfristigen Finanzplanung vorgesehen. Der Gesamtzuschuss von 1,628 Milliarden Euro – das sind etwa 15 Prozent des Landeshaushalts – wird unabhängig von den eigenen kommunalen Einnahmen fließen. Das bedeutet, es lohnt sich wieder, eine Verbesserung der Einnahmen anzustreben. Hier sind wir dem wiederholt geäußerten Wunsch der kommunalen Familie nachgekommen, dass das FAG auch einen Anreiz enthalten soll, sich stärker zu engagieren und das sich die Anstrengungen der Kommunen bei der Haushaltskonsolidierung nicht einfach abgeschöpft werden, sondern im Stadt- oder Gemeindesäckel verbleiben sollen.
Zudem ist nicht zu viel verraten, wenn man den Kommunen noch weitere Einnahmen an dieser Stelle in Aussicht gestellt werden. Der Bund will weitere Mittel zur Entlastung der Kommunen bereitstellen, und die Steuerschätzung vom November 2016 sah nur für das Land nicht so rosig aus. Auf die Kommunen kommen nach den getroffen Annahmen für 2017 noch einmal 99 Millionen Euro und 2018 rund 25 Millionen Euro on top, die bei einem Festbetrags-FAG nicht wieder in den kommenden Jahren vom Land einkassiert werden. Ein echter Fortschritt in der Finanzierungspartnerschaft Land/Kommunen.
Das Land wird 2017/18 den Kommunen die Tarifsteigerungen für das Personal in Kindertagesstätten und Horten mitfinanzieren und auch die erheblichen Tariferhöhungen 2015/2016 weiterhin mittragen. Damit verbindet sich ein Aufwuchs von zehn Millionen Euro 2017 und elf Millionen Euro bei einem Gesamtzuschuss des Landes von rund 270 Millionen Euro ohne die vom Bund weitergeleiteten Mittel von jährlich rund 45 Millionen Euro für die Kinderbetreuung der Kinder unter drei Jahren. Die Koalition hat darüber hinaus vereinbart, für 2017 das Geld, das der Bund nicht für das Betreuungsgeld aufwendet, aber zur finanziellen Sicherung der Kinderförderung an die Länder gibt, den Kommunen zur besseren Ausfinanzierung des Krippenbereichs weiterzuleiten. Bei den Ein- bis Dreijährigen haben die Kommunen oft durch Mischkalkulationen mit Kita-Gebühren aus dem Bereich der Drei- bis Sechsjährigen hineinfinanziert, dort drohten die höchsten Gebührensteigerungen, denn dort ist aus guten Gründen der Aufwand deutlich höher.
Wir werden sehen, wie das nach der Novelle des Kinderförderungsgesetzes im kommenden Jahr für das Jahr 2018 mit den Betreuungsgeldmitteln weitergeht. Für uns Sozialdemokraten gilt dabei, wir werden genau hingucken, was in der Kinderförderung richtig und notwendig ist, und den Umfang der Finanzmittel auf diesen Bedarf hin definieren und nicht umgekehrt. Mir ist die Zukunft unserer Kinder näher als der Landeshaushalt.
Mit 15 Millionen Euro Aufwuchs in der Grundfinanzierung der Hochschulen löst Schwarz-Rot-Grün ein weiteres Vorhaben des Koalitionsvertrages ein und zwar eines derer von denen wir gemeinsam gesagt haben, dass es uns besonders wichtig ist. Sachsen-Anhalt bildet mehr junge Menschen akademisch aus, als die reine Zahl der Landeskinder mit Abitur. Sachsen-Anhalt geht diesen Weg und nimmt in Kauf, dass nicht wenige, die hier studiert haben, später in anderen Bundesländern arbeiten, Kinder bekommen und Steuern zahlen. Wir kämpfen auch darum, dass möglichst viele Studierende aus Halle, Magdeburg, Köthen, Halberstadt und Merseburg später in diesen Orten und auch in Stendal, Ascherleben, Dessau-Roßlau und Weißenfels Jobs finden und zwar solche, dass es sie gar nicht mehr woandershin zieht. Aber damit wir überhaupt die Chance für ein solches Ringen haben brauchen wir Hochschulen, die junge Menschen anziehen, Hochschulen an denen geforscht und aus denen heraus gegründet wird. An dieser Stelle hat die Koalition einen Pflock eingeschlagen und an dieser Stelle wird die Koalition ein stabiles Haus bauen.
Auch bei Polizei und Feuerwehr macht dieser Haushaltplanentwurf keinen kleinen Schritt. Wir stellen den Kommunen aus der Feuerschutzsteuer zur Verfügung. Drei Millionen Euro 2017 (da es sich beim Ansatz von zwei Millionen Euro um einen Schreibfehler handelt) und vier Millionen Euro für 2018 sind für die rund 1.500 Freiwilligen Feuerwehren im Land keine atemberaubend hohe Summe, aber viele Hunderte der kleinen Dinge, die den Kameradinnen und Kameraden ihre Aufgabe – von der das Leben eines und einer jeden von uns abhängen kann – leichter machen, werden endlich möglich sein. Die da nun im Ansatz erkennbare Treppe oder besser gesagt Feuerleiter werden wir in den kommenden Jahren noch höher ausfahren und zum Ende der Legislatur bei der versprochenen Komplettüberweisung der Feuerschutzsteuer an die Kommunen ankommen.
Wir haben uns mit dem Koalitionsvertrag vorgenommen, am Ende der Legislaturperiode bei 6.400 Polizeivollzugsbeamten anzukommen. Da nun in den nächsten Jahren erhebliche Altersabgänge zu erwarten sind, müssen wir die Ausbildung von Polizistinnen und Polizisten hochfahren. Dies ist mit dem vorliegenden Entwurf untersetzt. Der Vorbereitungsdienst der Polizei deutlich besser ausgestattet, um dieses Ziel auch erreichen zu können. Dies nur schnell in Zahlen: Hatten wir 2016 nur 669 Stellen für den Vorbereitungsdienst, so sind es für 2017 bereits 1.223, und 2018 sind es 1.543 – also beinahe eine Verdreifachung der Stellen und damit aktive Arbeit an der inneren Sicherheit im Land.
Eine solche Entwicklung hätte man sich für den Lehrkräftebereich auch gewünscht. Sie soll in den Jahren bis 2021 eintreten. Mit 400 Neueinstellungen im Jahr 2017 werden die Altersabgänge sogar überkompensiert, nicht aber die steigenden Schülerzahlen. Das wird uns noch beschäftigen müssen.
Wir haben uns vorgenommen, 14.500 VzLE an allgemeinbildenden Schulen und noch einmal 1.900 VzLE an berufsbildenden Schulen dauerhaft vorzuhalten. Fest steht ist und auf Seite 68 des Koalitionsvertrages in schwarz auf weiß geschrieben, wir werden die vereinbarte 103-Prozent-Unterrichtsversorgung im Land sicherstellen. Das müssen wir noch mal anfassen.
Dass die Koalition in vielen Bereichen über das Tagesgeschäft hinaus in die Zukunft blickt, ist an dem vereinbarten Umweltprogramm von zehn Millionen Euro, das bereits vollständig im Entwurf des Haushaltes für 2017 veranschlagt ist, zu ersehen. Die Ministerin wird rechtzeitig zu den Haushaltsverhandlungen ihr Programm für diese Umweltvorhaben vorlegen.
Kulturpolitik ist Bildungspolitik. Wir übererfüllen mit dem Haushalt unser Ziel in Bezug auf den Kulturhaushalt, der im neuen Einzelplan 17 dargestellt wird, vorbildlich, indem wir 2017 insgesamt 120 Millionen Euro und 2018 dann 115 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Hinzu kommen noch einmal Mittel nach der Bereinigungssitzung des Bundestages, die wir in den Haushaltsberatungen noch vertiteln müssen. Von 16 Millionen Euro war da die Rede. Zudem sieht der Haushalt bereits die Verpflichtungsermächtigungen für die Förderung der Theater und Orchester ab dem Jahr 2019 vor.
Diese Koalition spannt ihre Kräfte an und sichert ein überdurchschnittliches Maß an Leistung der öffentlichen Hand im Land für Lebensqualität im Land – das dichteste Schulnetz Deutschlands, die höchste Polizeidichte. Das tun wir nicht, damit wir bequemer regieren können. Wir tun das weil mehr Menschen in diesem Land als in manchen anderen Gegenden einen starken Staat und seine Leistungen für bezahlbare Lebensqualität brauchen, weil die Zukunft dieses Landes und seiner Städte und Dörfer davon abhängt, dass Menschen hierbleiben, dass sie hier gut leben können und dass mehr Menschen zu uns kommen.
Mit den genannten Vorhaben, untersetzt in diesem Haushaltsplan, spannt die Koalition alle Kräfte an, reizt die finanziellen Möglichkeiten aus. Das bedeutet auch, die Möglichkeiten planerischer Annahmen auszureizen. Wer das zu risikoreich findet und vielleicht sogar als unseriös bezeichnen möchte, dem sage ich hier drei Dinge. Erstens: Wir schaffen es auch 2017/18, Schulden zu tilgen, etwas für die Vorsorge zu und die Kriterien des Stabilitätsrates einzuhalten. Das ist seriös. Zweitens: Was für ein Risiko würde es bedeuten, auf die genannten Schritte zu verzichten, um sicher einen Jahresüberschuss zu erzielen? Das Risiko für die Entwicklung des Landes läge an diesen Stellen bei 100 Prozent. 100 Prozent, dass weniger vorangeht als möglich. Dieser Haushalt verringert Risiken. Und drittens: Es gibt zwei Gruppen von Menschen. Solche die schon mal einen Nagel krummgeschlagen haben, und solche, die noch nie einen Hammer in der Hand hatten. Letztere Gruppe baut nie etwas. Dieser Haushaltsplan wird keine Punktlandung in der Jahresrechnung machen und die Regierung wird das gesamte Jahr über daran arbeiten müssen, dass es aufgeht. Aber wir werden etwas in Gang setzen, und das sind wir dem Land schuldig. Die Opposition wird in diesem Zusammenhang die Einstellung einer globalen Minderausgabe in Höhe von 1,1 bzw. 1,5 Prozent des Haushalts 2017 und 2018 kritisieren. In der Tat: Die globale Minderausgabe ist der Presslufthammer der Finanzplanung und gehörte unbenutzt und unberührt ganz unten in die Werkzeugkiste des Finanzministers. Es hilft nur nichts darüber zu klagen. Wir brauchen schnell einen beschlossenen Haushalt, und auch wenn die Regierung im Haushaltsaufstellungsverfahren mit dem Uhrmacherwerkzeug allein nicht alles richten konnte, wird der Bau nur vom Zugucken und Nörgeln nicht fertig.
Ich will hier auch nicht verschweigen, dass der Spardruck nicht abgenommen hat. Gerade um die zentralen Vorhaben des Koalitionsvertrages in die Ausgaben einordnen zu können, muss die Ausgabenkonsolidierung weitergehen, damit es ab 2019 nicht umso schwerer fällt, einen Haushaltsausgleich und die Minderung des strukturellen Defizites zu erreichen.
In diesem Zusammenhang wird immer wieder darauf hingewiesen, wie wichtig eine hohe Investitionsquote für einen gesunden Landeshaushalt ist. Die Investitionsquote des vorgelegten Haushaltsentwurfs liegt bei 16 und 15,9 Prozent (ohne Fluthilfen 13,0 und 13,8 Prozent). Es wäre allerdings zu einfach, nur die Investitionen des Landes und die Fördermittel für Investitionen (GRW) zu zählen. Die Erhöhung der Investitionspauschale im FAG führt direkt in die Verbesserung kommunaler Infrastruktur und bindet Fördermittel auch des Bundes und der EU. Auch hier, auch bei der Durchreichung der Feuerschutzsteuer an die Kommunen und bei STARK III mit seiner Schul- und Kitasanierung, bei STARK V mit seinem kommunalen Investitionsprogramm, bei der Städtebauförderung, beim sozialen Wohnungsbau wird die Investitionsquote des Landes bestimmt.
Ein großer Monolith im Haushalt sind die Personalkosten. Mit 3,1 Milliarden Euro in der Hauptgruppe 4 und über die Hauptgruppe 6 in den Auslagerungen und Budgetierungen stellt dieser Kostenpunkt den größten Anteil am Landeshaushalt. Wir haben eine gute Verwaltung, und kein Euro ist da verschwendet, aber wollen wir künftig nicht die Getriebenen der Ausgabenzuwächse aus Tarifsteigerungen werden, müssen wir weiter versuchen, an diesem Kostenblock zu arbeiten. Wir haben daher im Koalitionsvertrag eine Zielgröße von 18,7 VzÄ je 1.000 Einwohner (ohne HS und AöR) festgelegt. Dies ist bis auf die Kommastelle keine Änderung an der bisherigen Vorgehensweise. Neu ist aber, dass die Steuerung der Zielerreichung künftig nicht mehr über Neueinstellungskorridore erfolgen wird. Der Haushalt sieht nunmehr VzÄ-Ziele für die einzelnen Bereiche vor. Darunter gibt es Personalkostenbudgets, die den Häusern zur Bewirtschaftung zur Verfügung stehen. Innerhalb dieser Budgets sind sie personalwirtschaftlich frei, wenn das VzÄ-Ziel eingehalten wird. Teilsatz eins bedeutet mehr Flexibilität als früher, Teilsatz zwei bedeutet, Konsolidierung im Personalbereich bleibt eine Aufgabe.
Die SPD-Fraktion wird in den Haushaltsberatungen dafür stehen, dass wir nach den Haushaltsberatungen zu allen zentralen Forderungen des Koalitionsvertrages sagen können: Jawohl, wir sind auf dem Weg, wir halten, was wir versprochen haben. Dass wir an einigen Stellen in den Haushaltsberatungen das Ruder werden nachstellen müssen, versteht sich von selbst und bedürfte hier eigentlich keiner Erwähnung (Strucksches Gesetz). Wer genau gerechnet hat, stellt fest, dass die prioritären Maßnahmen des Koalitionsvertrages noch nicht eins zu eins im Haushalt zu finden sind.